Hier bekommst du eine verständliche Übersicht über die ICF-Struktur.
Die zwei großen Teile werden klar erklärt und mit Beispielen ergänzt.
Die ICF unterteilt ihre Informationen in zwei Hauptbereiche, die gemeinsam ein umfassendes Bild der Funktionsfähigkeit einer Person ergeben:
Jeder dieser Bereiche besteht aus zwei Komponenten.

In diesem ersten Teil der ICF geht es um die Frage:
Was kann ein Mensch körperlich, geistig und im Alltag leisten – und was ist durch Krankheit, Unfall oder andere Ursachen eingeschränkt?
Diese Aspekte werden unter dem Begriff Funktionsfähigkeit zusammen gefasst. Ist diese eingeschränkt, spricht man von Behinderung.
Dieser Bereich umfasst zwei zentrale Ebenen:
Die Körperstruktur beschreibt die anatomischen Teile des Körpers – also Organe, Gliedmaßen, Knochen, Muskeln, Gelenke, Nervensystem usw.
Beispiele:
Die Wirbelsäule
M. quadriceps femoris
N. radialis
Typische Befunde:
Fraktur des Schienbeins
Bandscheibenvorfall L4/L5
Narbengewebe nach OP
Was ist das?
Die Körperfunktion bezieht sich auf die physiologischen Abläufe im Körper – z. B. Muskelkraft, Gleichgewicht, Sensibilität oder Atmung.
Beispiele:
Muskelkraft in der linken Hand
Gleichgewicht in Sitz oder Stand
Schmerzempfinden in der Lendenwirbelsäule
Gelenkbeweglichkeit im Ellenbogen
Typische Befunde:
Spastik im rechten Bein (b735)
Schmerzen beim Heben (b280.2)
Schwacher Patellarsehnenreflex (b750.2)
Eingeschränkte Schulterbeweglichkeit (b710.2)
Was ist das?
„Aktivität“ beschreibt, was eine Person tatsächlich kann – also alltägliche Handlungen, die sie aus eigener Kraft ausführt.
Beispiele:
Aufstehen aus dem Bett
Zähne putzen
Treppen steigen
Schreiben mit einem Stift
Typische Befunde:
Schwierigkeiten beim Ankleiden (d540.3)
Eingeschränktes Gehen (d450.2)
Kann nur mit Hilfe aus dem Bett aufstehen
Kann keine Flasche öffnen → reduzierte Handfunktion
Was ist das?
Partizipation meint die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben – also, ob eine Person mitmachen kann in Beruf, Schule, Familie, Freizeit etc.
Beispiele:
Zur Arbeit gehen
An einer Familienfeier teilnehmen
Sport im Verein machen
Einkaufen im Supermarkt
Typische Befunde:
Patient kann aktuell nicht arbeiten (d850.4)
Soziale Isolation durch Mobilitätseinschränkung
Einschränkung bei Freizeitaktivitäten mit Freunden (d920)
In Teil 2 der ICF geht es um die Kontextfaktoren.
Kontextfaktoren beeinflussen, wie gut oder schlecht ein Mensch mit seiner Funktionsfähigkeit oder Behinderung im Alltag zurechtkommt. Sie können unterstützend oder hindernd wirken – und machen den Unterschied zwischen Einschränkung und Teilhabe.
Die ICF unterscheidet dabei zwei Arten von Kontextfaktoren:
Was ist das?
Umweltfaktoren sind alles, was außerhalb der Person liegt, aber einen Einfluss auf ihre Gesundheit, ihre Fähigkeiten oder ihre Einschränkungen hat. Das können Dinge, Orte, Menschen oder Einstellungen sein – also alles, was die Umgebung betrifft.
📌 In der ICF werden Umweltfaktoren als entweder „barrierend“ oder „fördernd“ bewertet.
Barrierefreiheit: ein Aufzug im Haus oder eine Rampe am Eingang
Soziale Unterstützung: Hilfe durch Familie, Freunde oder Pflegedienst
Gesetze oder Systeme: ob es eine Reha-Verordnung oder Schulbegleitung gibt
Die Familie hilft beim Waschen und Anziehen → positive Unterstützung
Eine gute Versorgung mit Hilfsmitteln → Förderfaktor
Personenbezogene Faktoren beschreiben den individuellen Hintergrund eines Menschen – also alles, was zur Person gehört, aber nicht direkt mit der Erkrankung zu tun hat.
Diese Faktoren sind nicht in der ICF klassifiziert, aber sehr wichtig für das Gesamtbild.
📌 Diese Faktoren erklären, wie eine Person mit ihrer Einschränkung umgeht – und warum Therapie bei jedem Menschen anders wirken kann.
Alter: 75 Jahre
Persönliche Einstellungen oder Motivation: sehr motiviert, wieder alleine leben zu können
Lebensstil oder Gewohnheiten: früher sehr sportlich und aktiv
Umgang mit Krankheit: hat Angst vor weiteren Stürzen und meidet Bewegung
Bildung oder beruflicher Hintergrund: war früher Lehrer*in
Sozialer Hintergrund: lebt allein, wenig familiäre Unterstützung
Ein Mensch mit positiver Lebenseinstellung macht trotz Einschränkungen aktiv mit
Stell dir die ICF wie einen großen Schrank voller Schubladen vor.
Jede Schublade steht für einen bestimmten Themenbereich – das nennt man Domäne. Eine Domäne fasst zusammen, was funktionell oder strukturell zusammengehört – zum Beispiel Kraft, Beweglichkeit, Körperpflege oder Einkaufen.
Diese Einteilung macht die ICF praxisnah und alltagstauglich.
Du erkennst auf einen Blick:
Welche Schublade du öffnen solltest (also welche Domäne du untersuchen willst),
wie du darin befundest (z. B. per Test, Beobachtung oder Gespräch)
und wie du deine Ergebnisse systematisch dokumentierst.
Kurz gesagt:
Domänen sind dein Werkzeug, um aus der Theorie ein funktionierendes Befundsystem für die Praxis zu machen.
